"Zuckerbrot und Peitsche"

Heute morgen sollte ich zum ersten Mal meine Klasse auf Zeit kennenlernen. Überpünktlich und höchst nervös fand sich Nervenbündel Kathrin am Treffpunkt ein, als: "Ah, Kathrin, da bist du. Die erste Stunde fällt bei euch aus."

Zur Chemiestunde lernte ich dann meine Kasse kennen, die mich mit Klatschen empfing und mich erfreut anlachte. Von da ging es mir wirklich gut und ich freue mich auf die kommenden Tage mit der Klasse.
Wir scheinen innerhalb der Schule wohl aufzufallen, da ein Junge mir sogleich versicherte: "Ah, Sie sind das! Frau, mein großer Bruder mag Sie!" :D

Die ersten 10 Minuten war ich alleine, sodass wir uns kennenlernen konnten.
Nach einem "Frau, bitte, gehen Sie zum Put und sagen Sie wie Sie heißen" unterhielten wir uns über dies und das und ich stellte mich interessierten Fragen über Wohnort, Lieblingsessen und Alter. (Sie waren über mein Alter entsetzt, da einige überzeugt waren, ich wäre 17 – sehr rührend ;-) )

Es sind 19 Schüler im Alter von 12 bis 14 Jahren, bestehend aus einer gesunden Mischung von Jungen und Mädchen.
Sobald man den Raum betritt, hasten die Schüler an ihre Plätze, stehen stramm und wünschen einem im Chor einen "Guuuuuteeeeeen Taaaaaaaag!", um sich anschließend zu setzen.
Während meines Praktikums werde ich die meiste Zeit mit dieser Klasse verbringen, allerdings werde ich in den Deutschstunden in der gesamten Mittelstufe eingesetzt, da die Deutschlehrer sehr an unseren Methoden interessiert sind und sich alle Schüler über den Besuch aus Deutschland freuen würden.
Wobei ich hier auch festhalten möchte, dass hier der Frontalunterricht zwar noch vorhanden ist, jedoch seit geraumer Zeit durch Fortbildungen durch alternative Unterrichtsformen aufgelockert ist – teilweise gar nicht mehr vorhanden ist.

Deutsche Schüler werden meiner Meinung nach verhätschelt. Schon die Klasse 4 scheint unseren Kindern ein Schuljahr voraus zu sein und auch meine 7er legen bei Mathe ein solch konzentriertes Arbeitstempo vor, dass man nur noch ungläubig beobachten kann. Angetrieben durch das stetige Auf- und- ablaufen der Lehrerin und Kommentare wie "das muss schneller gehen", "Herzlichen Glückwunsch, du kommst wieder in die erste Klasse", "Seht ihr, sie ist viel schneller als ihr" rauchen die Köpfe.
Beispielsweise – und dies ist nicht überspitzt gemeint – bearbeiteten sie die ersten 10 Minuten ein Arbeitsblatt "zum Aufwärmen und Wiederholen", das in deutschen Klassen bestimmt eine Schulstunde hätte füllen können. Hut ab!
Wir sollten deutschen Schülern viel mehr zutrauen.

Die Lehrer gehen ideal mit den Jugendlichen um. Sie stecken die Verträumtheit und manch geistige Abwesenheit mit viel trockenem Humor weg, was für einiges Lachen sorgt.
Auch kleinere Regelverstöße werden kurzerhand für den Unterricht genutzt.
Als Beispiel schlürfte ein Schüler ausgiebigheute aus einem Trinkpäckchen – ein gefundenes Fressen für die Lehrerin, die gerade die Naturwissenschaften voneinander abgrenzte: "Na, da schaut, er hat das verstanden: Chemie ist die Milch und Physik die Schachtel. Stoffe – Körper. Sehr gut!"
Das soll nicht heißen, dass die Schüler nicht zurechtgewiesen werden, im Gegenteil, auf Respekt und Ruhe wird sehr viel Wert gelegt. Störenfriede werden vor gesamter Klasse zurechtgewiesen und das in einem unmissverständlichen und auch hartem Ton.
Auf der anderen Seite umarmen auch noch die älteren Schüler ihre Lehrer, die wiederum Freunde des Haarewuschelns sind :-)
"Zuckerbrot und Peitsche" scheint zu funktionieren.

Beitrag von Kathrin

Edit von Kathrin: Nach wilden Hunden, herumstreunernden Kätzchen und gockenden Hühnern in den Straßen, hatten wir heute Premiere mit einer freilaufenden Kuh, die uns munter anmmuuuuhte ;-)

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